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Europa-Idee mit musikalischer Überraschung

27. Oktober 2018

Europa-Idee mit musikalischer Überraschung
„Europa“-Konzert zum österreichischen Nationalfeiertag bei :alpenarte


Anscheinend war es die Idee des Intendanten des Herbst-Festivals von :alpenarte in Schwarzenberg, dem Rumänen Andrei Ioniţă, dass er zum 26. Oktober, dem österreichischen Nationalfeiertag, im Angelika- Kauffmann-Saal ein Programm zu präsentieren, das die europäische Idee in den Mittelpunkt stellt. Deutschland, Schweden, Spanien und Tschechien waren die musikalischen Stationen, durch die er die Besucher in Österreich lotste. Die Musik, die er da für seine eingeladenen Musiker programmiert hatte, war zwar alles andere als politisch, aber schlug eine Brücke zwischen den Ideen der späten Romantik und der heutigen Sicht auf Musik. Und es war ein mutiges Programm, das Ioniţă den Besuchern näherbringen wollte. Denn einen Abend in einem Kammermusikfestival mit der „Fantasie“ für Klarinette solo von Jörg Widmann (* 1973) zu beginnen, erfordert von den Zuhörern eine Offenheit für Neues. Aber in der Darstellung des spanischen Klarinettisten Pablo Barragán war diese erste (und die erste deutsche) Station dieser „Reise“ keine Herausforderung, sondern ein Erlebnis. Der große klangliche Facettenreichtum, die vielen Bruchstücke, die sich nach und nach zu einem großen Ganzen zusammensetzen, ließen das Publikum aufhorchen.
Doch bevor ein weiteres Werk der Moderne erklang, kam der künstlerische Leiter, Sebastian Manz, auf die Bühne. Und er begrüßte nicht nur das Publikum, sondern ließ die Werke im Dialog mit den Künstlern auch ein wenig erläutern. Das half beim Hören. Doch vor einem nächsten modernen Werk, spielten die beiden Protagonisten Barragán und die englische Cellistin Vashti Hunter drei wunderbare Bearbeitungen von Bachs zweistimmigen Inventionen. Dann ging es mit „Off Pist“, einem Werk für Klarinette und Violoncello des Schweden Svante Henryson (* 1963) von 2006, das ursprünglich für Sopransaxophon und Cello geschrieben wurde. Jazz- und Folkelemente ließen in dieser Interpretation der beiden jungen Solisten diese Musik wunderbar grooven und rissen das Publikum an diesem Abend erstmals mit. Doch das war noch lange nicht das Ende der Reise, denn der spanische Pianist Juan Pérez Floristán machte dann einen Schwenk in seine Heimat, hin zur „Fantasia Bætica“ des spanischen Komponisten Manuel de Falla, die dieser 1919 dem polnischen Pianisten Artur Rubinstein gewidmet hatte. Dieses Werk schrieb der Komponist als Hommage an den Süden Spaniens, die ehemalige römische Provinz Bætis, die sich im Gebiet des heutigen Andalusiens befand. Floristán konnte dieses hochvirtuose Werk, mit den vielen folkloristischen Tango- und Fandango- Rhythmen, emphatisch ausschmücken und riss das Publikum entsprechend mit, das mit Applaus und Fußgetrampel begeistert reagierte.
Und dann zum Schluss ein wahrlich europäisches Werk aus Tschechien, Antonín Dvoráks Klavierquintett Op. 81. Der zweite Satz mit der bekannten Dumka-Melodie, ist weitestgehend bekannt. Aber das, was Jonian-Ilias Kadesha, Christel Lee (Violinen), Nilay Ozdemir (Viola), Vashti Hunter (Cello) und Juan Pérez Floristán (Klavier) aus diesem Werk herausholten, war musikalische Heiterkeit gepaart mit Heiterkeit. Jeder Satz ist ein mit Raffinesse und Schönheit gestaltetes Kleinod der Kammermusik. Und die jungen Künstler warfen sich hinein in diese Musik, ließen sich leiten und durchwirkten sie. Und damit rissen sie gleichsam das Publikum endgültig mit, das schon nach dem ersten Satz applaudierte und am Schluss von „Bravos“ durchwirkt so lange seine Begeisterung äußerte, dass es zu der von Manz bereits zuvor angekündigten Zugabe kam ...
Und das war am Ende nun wirklich eine Überraschung, denn alle am Festival beteiligten Musiker kamen auf die Bühne und stimmten – passend zum Thema Europa – die „Ode an die Freude“ aus dem letzten Satz von Beethovens 9. Sinfonie an. Doch Sebastian Manz hatte in seine Bearbeitung – passend zum österreichischen Nationalfeiertag – die Österreichische Bundeshymne eingewoben, deren Text auf einer Leinwand projiziert wurde. Und das Publikum sang klangvoll mit und stimmte dann auch in den auf Deutsch und im Vorarlberger Dialekt eingeblendeten Gesang ein. Nach dieser musikalischen Präsentation hielt es keinen Zuhörer im vollbesetzten Angelika-Kauffmann-Saal mehr auf dem Sitz und man feierte zu Recht die wunderbaren Musiker, die allein in ihren Nationalitäten ebenfalls jeden Abend bei :alpenarte beweisen, dass Musik die europäische Idee wunderbar zusammenbringt.

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